Sonderbedarfszulassung für Heilpraktiker für Psychotherapie

Immer wieder kommt es vor, dass (gesetzlich versicherte) Patienten, die dringend einer psychotherapeutischen Behandlung bedürfen, lange Wartezeiten hinnehmen müssen,  um einen ersten Behandlungstermin zu erhalten. Im schlimmsten Fall hat sich nach einer derartigen Wartezeit der Fall „erledigt“, und ein Eingreifen des Therapeuten kommt zu spät. Dass derartige Zustände nicht hinnehmbar sind, ist zwar allgemein bekannt. Jedoch schränkt der Gesetzgeber seit den letzten beiden Jahrzehnten die Zulassung zur (vertragsärztlichen) Versorgung zunehmend ein, indem die Anforderungen an eine Überversorgung zunehmend abgesenkt werden.

Der Beitrag erläutert zunächst die grundsätzlichen Voraussetzungen der Sonderbedarfszulassung (inklusive BSG-Rechtsprechung) und widmet sich auch der Frage, ob im Einzelfall auch ein Heilpraktiker für Psychotherapie eine Sonderbedarfszulassung erhalten kann.
Generell gilt jedoch: Eine Sonderbedarfszulassung wird nur ausnahmsweise erteilt. Die zuständigen Gremien sind sehr restriktiv bei der Erteilung von Sonderbedarfszulassungen.

I. Grundlagen der Sonderbedarfszulassung:

Unabhängig von der „normalen“ Zulassung kennt das Sozialrecht allerdings juristische Umwege, die mitunter zum gewünschten Erfolg, dem Vertragsarztsitz, führen können. So besteht zum Beispiel die Möglichkeit einer so genannten „Sonderbedarfszulassung“. § 101 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch V (SGB V) sieht die „ausnahmsweise Besetzung“ zusätzlicher Vertragsarztsitze vor, „soweit diese zur Wahrung der besonderen Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind“. Die Maßstäbe für einen solchen Sonderbedarf werden in Nr. 24 der Bedarfsplanungsrichtlinie-Ärzte (BedarfsPlRL) näher definiert. Diese Richtlinien sind für die Kassenärztliche Vereinigung und ihre Mitglieder einschließlich der gemeinsamen Selbstverwaltung verbindlich. Ermittelt wird dabei neben dem „lokalen Versorgungsbedarf“ (nächster erreichbarer niedergelassener Vertragsarzt) auch der „qualitative Sonderbedarf“ (nachgewiesene Qualifikationen des Bewerbers). Eine Sonderbedarfszulassung setzt nach Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG) voraus, dass „eine Versorgungslücke in der gesamten Breite eines Versorgungsbereichs“ – etwa eines Schwerpunkts – bestehen muss.

Ein besonderer lokaler Versorgungsbedarf kann beispielsweise in bestimmten Teilen eines großstädtischen Planungsbereichs vorliegen. Das BSG hat in zwei jüngeren Entscheidungen die Voraussetzungen der Sonderbedarfszulassung konkretisiert:

1. Das BSG hat im Urteil vom 05.11.2008 (Az.: B 6 KA 10/08 R) festgestellt, dass die Zulassungsgremien sich nicht auf die Befragung von Ärzten in dem betroffenen Planungsbereich beschränken dürfen, sondern deren Angaben so weit wie möglich verifizieren müssen, etwa an Hand aktueller Abrechnungsunterlagen. Auch ist zu klären, ob die von dem an einer Sonderbedarfszulassung interessierten Arzt angebotenen Leistungen, die – unterstellt – bislang nicht in hinreichendem Umfang bereitgestellt worden sind, die gesamte Breite eines Schwerpunktes abdecken oder ob ein Versorgungsdefizit lediglich hinsichtlich einzelner Leistungen besteht, die für sich genommen eine Vertragsarztpraxis nicht tragen können.

2. Interessant ist auch die Entscheidung des BSG vom 02.09.2009 (Az.: B 6 KA 21/08 R): Danach kann im Einzelfall ein Sonderbedarf vorliegen, wenn ein gesetzlich Versicherter länger als zwei Monate auf einen Termin warten muss.

II. Besondere Situation der Heilpraktiker für Psychotherapie:

Angesichts der in einigen Gebieten Deutschlands bestehenden Mangelsituation im Hinblick auf eine schnelle therapeutische Beratung stellt sich die Frage, ob auch Heilpraktiker ausnahmsweise in den Genuss einer Sonderbedarfszulassung kommen können. In jedem Fall ist zu berücksichtigen, dass das SGB V direkt grundsätzlich nur für Vertragsärzte und Vertrags-Psychotherapeuten gilt. Eine Zulassung für Heilpraktiker gibt es grundsätzlich nicht. Man könnte jedoch überlegen, ob es eine entsprechende Anwendung dieser Bestimmungen für Heilpraktiker für Psychotherapie gibt, soweit bestimmte Krankheitsbilder betroffen sind oder es sich um  regional eng begrenzte Gebiete mit einem besonderen Versorgungsbedarf handelt.

In jedem Fall kommt es auf die besondere Situation im Einzelfall an. Dies bedeutet insbesondere, dass genau vorgetragen und mit entsprechenden Unterlagen belegt werden muss, dass zum Beispiel in einem bestimmten Gebiet die Versicherten unangemessen lange auf entsprechende Termine beim zugelassenen Therapeuten warten müssen. Hierbei kann auch argumentiert werden, dass das unzumutbar lange Warten auf eine entsprechende Versorgung dem grundgesetzlichen Auftrag des Gesetzgebers auf Achtung der Gesundheit und körperlichen Unversehrtheit der Bürger widerspricht. Außerdem sollte das spezifische (Therapie-)Angebot des Heilpraktikers detailliert dargestellt werden und auch, inwieweit dieses Angebot eine schnellere und effektive Versorgung der Patienten sicherstellt.