Es kann auch irreführend sein, wenn eine Werbeaussage auf Studien gestützt wird, welche diese Aussage nicht tragen. Hier spricht jedoch das zur Verfügung gestellte Material dafür, daß die Werbebehauptung zutrifft. Dann genügen Zweifel an der Richtigkeit noch nicht, um die Aussage als irreführend zu verbieten, da es nicht an einer Grundlage für diese Aussage fehlt.

Urteil OLG München 2002

Aktenzeichen: 29 U 1868/02

Verkündet am 11. Juli 2002

hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München (…) aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2002 für Recht erkannt:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 08.11.2001 – 17 HKO 15138/01 – geändert.
Die Beklagte wird unter Androhung von Ordnungsmitteln – Ordnungsgeld von 5.- Euro bis zu 250.000.- Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, Ordnungshaft in jedem Fall zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer – verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die von ihr vertriebenen L-Magnetfolien mit der auf Seite 4 dieses Urteils wiedergegebenen Gebrauchsinformation zu vertreiben, wenn in dieser folgende Aussagen enthalten sind:

a) L gegen Muskel- und Gelenkschmerzen
b) Die L-Magnetfolien dienen der Behandlung von Muskel- und Gelenkschmerzen, Rückenschmerzen, Schmerzen im Hals, Nacken und Schulterbereich, Schmerzen an den unteren Extremitäten, sowie Schmerzen bei peripherer Neuropathie (Nervenschmerzen).
c) Unter Bezugnahme auf den mit „Wirkungsweise und Eigenschaften“ überschriebenen Absatz: Durch die genannten Eigenschaften der L-Magnetfolien können im Wirkungsbereich der Magnetfelder liegende Muskelverspannungen und -verhärtungen oftmals gelöst werden, … Durch das physikalische Prinzip der Magnetfeldwirkung können so mannigfache Funktionen im Einzugsbereich der Kraftfelder günstig beeinflußt und Befindlichkeitsstörungen gebessert werden.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

(…)

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Aussagen in der Gebrauchsinformation eines von der Beklagten vertriebenen Medizinproduktes.
Die Beklagte vertreibt das Produkt L (Produktmuster: Anlage B 23).
Eine Packung des Produktes enthält zwei kreisrunde Metallfolien mit einem Durchmesser von 5 cm, die auf der Ober- und Unterseite mit PVC bzw. Baumwolle beschichtet sind.
Die Folien selbst weisen eine Wechselpol-Magnetisierung auf: Um den Mittelpol sind konzentrische Ringmagnetfelder abwechselnder Polarität mit unterschiedlichen Polabständen angeordnet; dabei befinden sich, wie sich beim Aufeinanderlegen der Folien zeigt, jeweils entgegengesetzte magnetische Polaritäten an der Oberfläche und an der Unterseite der Folien. Das Produkt ist von der Beklagten als Medizinprodukt der Klasse I (ohne Einschaltung einer benannten Stelle) zertifiziert (technische Dokumentation: Anlage B 1). Der Packung liegt eine Gebrauchsinformation (in Anlage B 23, S. 4 dieses Urteils) bei, die die in den unten folgenden Anträgen wiedergegebenen Aussagen enthält. Für die Einzelheiten wird auf die Gebrauchsinformation verwiesen.

Der Kläger hat geltend gemacht, die in der erwähnten Gebrauchsinformation angesprochene Wirksamkeit des Produkts gegen Muskel- und Gelenkschmerzen gebe es nicht, sie sei wissenschaftlich nicht belegt und tatsächlich nicht vorhanden (Beweis: Sachverständigengutachten). Die Beklagte sei daher gemäß § 3 UWG, § 3 Nr. 1 HWG, § 1 UWG zur Unterlassung verpflichtet.

Er hat beantragt,

der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr für sogenannte „L-Magnetfolien zum Anlegen wärmender Magnetfelder“ zu werben:
a) „gegen Muskel- und Gelenkschmerzen“,
b) „Behandlung von Muskel- und Gelenkschmerzen, Rückenschmerzen, Schmerzen im Hals, Nacken und Schulterbereich, Schmerzen an den unteren Extremitäten, sowie Schmerzen bei peripherer Neuropathie (Nervenschmerzen)“,
c) „können im Wirkungsbereich der Magnetfelder liegende Muskelverspannungen und Verhärtungen oftmals gelöst werden
d) „können „so mannigfache Funktionen im Einzugsbereich der Kraftfelder günstig beeinflußt und Befindlichkeitsstörungen gebessert werden“.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, in dem von ihr durchgeführten Konformitätsbewertungsverfahren sei die Eignung des Produkts, die vorgegebenen Leistungen zu erfüllen, durch eine klinische Bewertung auf der Grundlage wissenschaftlichen Erkenntnismaterials überprüft worden.
Sie sei damit nachgewiesen. Das Produkt dürfe daher mit den vom Kläger angegriffenen Angaben zu Zweckbestimmung und Anwendungsgebiet vertrieben werden. Die beanstandeten Angaben seien durch wissenschaftliche Erkenntnisse hinreichend gesichert. Von einer Irreführung könne mithin keine Rede sein.

Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt.
Es hat die streitigen Angaben als irreführend angesehen. Für die Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.

Mit ihr macht sie geltend, die dem Produkt beigegebene Gebrauchsinformation sei keine Werbung im Sinne von §§ 1, 3 HWG.
Gemäß Nr. 13.6 i.V.m. Nr. 13.3 b) der Richtlinie des Rates über Medizinprodukte vom 14. Juni 1993 (93/42/EWG) sei die Beklagte verpflichtet, die Zweckbestimmung und die Anwendungsgebiete des Produkts anzugeben; diese Angaben seien nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof schon begrifflich keine Werbung. Auch eine Irreführung scheide aus. Angaben über die Zweckbestimmung und die Anwendungsgebiete des Produktes seien zulässig. Angesichts der Verkehrserwartungen, die bei einem einem alternativen Naturheilverfahren dienenden Produkt an die wissenschaftliche Absicherung des Behandlungserfolgs wesentlich geringere Anforderungen als bei einem Arzneimittel stellten, dürften keine überzogenen Maßstäbe hinsichtlich des Nachweises der Wirksamkeit gestellt werden. Der Verbraucher wisse, dass die Wirkungen derartiger Produkte auf Erfahrung beruhten, jedoch nicht exakt nachweisbar seien. Letzteres werde daher nicht erwartet. Die Wirksamkeit des Produkts sei durch Studien belegt. Der dahinter steckende Wirkungsmechanismus müsse jedoch noch geklärt werden.

Vor diesem Hintergrund rechtfertigten die von der Beklagten vorgelegten Studien die streitigen Angaben. Das Landgericht habe die Studien nicht ausreichend geprüft und unzutreffend bewertet. Das Produkt wirke ähnlich einer Warmkompresse, für die auch niemand einen exakten Wirksamkeitsnachweis erwarte.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass an den Tenor des Urteils die Worte „wenn dies geschieht wie in der oben wiedergegebenen Gebrauchsinformation.“ angefügt werden.

Er macht geltend, die streitige Gebrauchsinformation sei Werbung im Sinne des AMG; auch gemäß § 4 Abs. 2 MPG müssten Gebrauchsanweisungen zu Medizinprodukten der Wahrheit entsprechen. Sie unterlägen somit dem Irreführungsverbot. Der Kläger stelle keine überzogenen Anforderungen; den Verkehrsteilnehmern sei der Unterschied zwischen einem Arzneimittel und einem Medizinprodukt nicht bekannt, so dass er auch hinsichtlich der Erwartungen an die Absicherung der Richtigkeit von Aussagen in der Gebrauchsinformation von Medizinprodukten keine anderen Maßstäbe anlege als bei Arzneimitteln. Auch der hohe Preis des Produkts stütze diese Erwartung. Tatsächlich seien die Angaben der Beklagten unwahr, ihre gegenteiligen Behauptungen „untauglich oder unzureichend“; die behaupteten Wirkungen seien nicht oder jedenfalls nicht nach dem Stand gesicherter Erkenntnis gegeben. Insbesondere die Wärme erzeugende Wirkung des Produkts der Beklagten sei frei erfunden; demgegenüber habe eine Wärmekompresse einen bekannten objektiven Nutzen.

Das Landgericht habe die vorgelegten Studien und Artikel zutreffend bewertet. Im übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze und die von ihnen vorgelegten Urkunden Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten erweist sich im wesentlichen als unbegründet. Das Urteil des Landgerichts ist mit der aus dem Tenor des vorliegenden Urteils ersichtlichen Maßgabe aufrechtzuerhalten.

1. Mit dem dem Klageantrag entsprechenden Tenor kann das landgerichtliche Urteil allerdings keinen Bestand haben.

Nach dem in § 1004 BGB zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken sind Unterlassungsansprüche stets nur in dem Umfang begründet, in dem eine Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr besteht. Im Falle einer bereits begangenen Verletzungshandlung ergeben sich die genannten Gefahren aus der konkreten Verletzungshandlung. Von dieser ist bei der Bestimmung des Umfanges des Unterlassungsanspruches daher auszugehen.

Über den Tatbestand der konkreten Verletzungshandlung hinaus sind Verallgemeinerungen in der Formulierung des Unterlassungsanspruches insoweit begründet, als Abweichungen von der konkreten Verletzungshandlung erfasst werden, die das Charakteristische dieser Handlung ebenfalls aufweisen und für die somit eine Begehungsgefahr besteht (hierzu ausführlich Teplitzky, Klageantrag und konkrete Verletzungsform, WRP 1999, 75 m.w.N.).

Konkrete Verletzungsform ist im vorliegenden Fall die von der Beklagten ihrem Produkt beigegebene Gebrauchsinformation, ein ersichtlich sorgfältig formulierter Text, in dem die streitigen Angaben enthalten sind. Der Kläger hat seine Klageanträge allerdings nicht auf die Gebrauchsinformation und ihren textlichen Zusammenhang beschränkt, sondern zunächst auf jede Werbung im geschäftlichen Verkehr erweitert. Dies mag nach den vorstehend erläuterten Maßstäben noch angehen. Zumindest hinsichtlich der unter lit b) c) und d) angegriffenen Aussagen hat der Kläger aber darüber hinaus den textlichen Zusammenhang der Aussagen dadurch „aufgebrochen“, dass er Teile ganzer Sätze zum Gegenstand seiner Anträge gemacht hat; bei den Anträgen lit c) und d) wird zudem der Zusammenhang mit dem vorangehenden Absatz, der „Wirkungsweise und Eigenschaften“ des Produkts beschreibt, unterschlagen.

Zudem werden mit den Klageanträgen die zu ihrem Gegenstand gemachten Satzbruchstücke einzeln und nicht nur zusammen angegriffen. Für eine so weit gehende Verallgemeinerung fehlt jede Rechtfertigung; der Kläger macht (Schriftsatz vom 19.06.2002, Seite 1) vielmehr geltend, er wende sich „dagegen, dass die Packungsbeilage die vier im Antrag … wiedergegebenen Wirkungsbehauptungen enthält“. Die Anträge umfassen zudem Formulierungen, die kaum als irreführend beanstandet werden könnten (Beispiel: Nach Ansicht einzelner Wissenschaftler können L-Magnetfolien der Behandlung von Muskel- und Gelenkschmerzen … dienen). Mit den so weit gehend verallgemeinerten Klageanträgen erweist sich die Klage daher als unbegründet. Da die Anträge jedoch die konkrete Verletzungsform umfassen, ist eine auf diese beschränkte Verurteilung zulässig und begründet (BGH GRUR 2001, 176/178, Nr. 4). 2. Die angegriffenen Aussagen in der Produktinformation der Beklagten (in ihrer vollständigen, im Tenor dieses Urteils wiedergegebenen Form) verstoßen gegen § 4 Abs. 2 – insbesondere Nr. 1 – MPG.

Nach der genannten Vorschrift ist es verboten, Medizinprodukte in den Verkehr zu bringen, wenn sie mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind; eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn Medizinprodukten eine Leistung beigelegt wird, die sie nicht haben. Zu den hier erwähnten irreführenden Angaben – insbesondere über die Leistung des Produkts – gehören insbesondere Angaben, die dem Produkt beim Vertrieb, etwa in Form einer Gebrauchsinformation, beigegeben werden. Allerdings dürfen Medizinprodukte, wie die Beklagte es tut, gemäß § 6 Abs. 2 MPG in der Fassung durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Medizinproduktegesetzes vom 13.12.2001 (BGBl. I, 3586) mit der CE-Kennzeichnung nur versehen und in den Verkehr gebracht werden, wenn die grundlegenden Anforderungen nach § 7 MPG (in der erwähnten Fassung) erfüllt sind. Die grundlegenden Anforderungen für ein hier streitiges Medizinprodukt der Klasse I sind gemäß § 7 MPG die Anforderungen des Anhanges 1 der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2000/70/EG in den jeweils geltenden Fassungen.

Gemäß Nr. 13.6 lit a) in Verbindung mit Nr. 13.3 lit b) der genannten Richtlinie muss die dem Produkt gemäß Nr. 13.1 der Richtlinie beizugebende Gebrauchsanweisung alle unbedingt erforderlichen Angaben enthalten, aus denen der Anwender ersehen kann, worum es sich bei dem Produkt oder Packungsinhalt handelt; gemäß Nr. 13.6 lit b) müssen die Leistungsdaten gemäß Abschnitt 3 in der Gebrauchsanweisung angegeben werden.

Gemäß Abschnitt 3 der Richtlinie müssen die Produkte die vom Hersteller vorgegebenen Leistungen erbringen, d.h. sie müssen so ausgelegt, hergestellt und verpackt sein, dass sie geeignet sind, eine oder mehrere der in Art. 1 Abs. 2 Buchst. a) der Richtlinie genannten Funktionen entsprechend den Angaben des Herstellers zu erfüllen. Nach diesen Bestimmungen muss also das Produkt geeignet sein, die vom Hersteller angegebenen Leistungen zu erbringen, und diese tatsächlich erbrachten Leistungen sind in der Gebrauchsanweisung anzugeben; Angaben über nicht erbrachte Leistungen sind (im Anhang der Richtlinie nicht vorgesehen und) gemäß § 4 Abs. 2 MPG als irreführende Angabe untersagt.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Heilmittelwerberecht (BGH WRP 98, 983 „Neurotrat forte“; BGH WRP 2000, 1410 „Myalgien“) bestimmte Angaben in den Packungsbeilagen von Fertigarzneimitteln keine Werbung sind. Denn jene Rechtsprechung geht von dem Grundsatz aus, dass das Heilmittelwerberecht nicht Angaben als Werbung verbieten kann, die nach § 11 AMG als Inhalt der Packungsbeilage vorgeschrieben sind.

Schon im Heilmittelwerberecht kann dieser Grundsatz aber dann nicht gelten, wenn von den vorgeschriebenen Angaben, etwa den durch die Zulassung des Medikaments vorgegebenen Anwendungsgebieten abgewichen wird und einem Arzneimittel Wirkungen zugeschrieben werden, die es nach den Zulassungsunterlagen nicht hat. Gleiches muss erst recht im Medizinprodukterecht gelten, da hier Vorschriften, die bestimmte inhaltliche, auf ihre Richtigkeit überprüfte Angaben vorschreiben, nicht bestehen.

Im Übrigen sehen die zitierten Vorschriften zutreffende Angaben über die Leistungsdaten vor. Für die Entscheidung der Frage, ob die von der Beklagten in der Gebrauchsinformation zu L gemachten Angaben irreführend sind, kommt es auf die durch die Gebrauchsinformation geweckten Erwartungen einerseits und den objektiven Sachverhalt andererseits an.

a) Die von der Beklagten gemachten Angaben sind geeignet, im Verkehr die Vorstellung und Erwartung zu wecken, dass zwar nicht mit Sicherheit, aber doch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit von L positive Wirkungen gegen Muskel- und Gelenkschmerzen und die weiteren in der Gebrauchsinformation genannten Arten von Schmerzen sowie auf Muskelverspannungen und -verhärtungen und Befindlichkeitsstörungen erwartet werden können und dass diese Erwartung wissenschaftlich hinreichend abgesichert ist.

Der Senat geht dabei davon aus, dass die Verkehrsteilnehmer L weithin nicht dem Bereich der eigentlichen Arzneimittel, sondern eher der alternativen Medizin zuordnen werden. Auch von dieser werden aber Wirkungen durchaus erwartet und Wirkungsbehauptungen werden ernst genommen.

Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass das Produkt der Beklagten über Apotheken unter der im Verkehr noch wenig bekannten Bezeichnung „Medizinprodukt“, die das Produkt in die Nähe eines Arzneimittels rückt, vertrieben wird. Auch der hohe Preis von 118,– DM bzw. nunmehr 60,33 Euro ist geeignet, Qualitäts- und Wirksamkeitserwartungen zu stützen.

b) Den so geweckten Verkehrserwartungen entspricht die wissenschaftliche Absicherung der Aussagen der Beklagten über ihr Produkt nicht.

K kommt in seinem Lehrbuch der physikalischen Medizin und Rehabilitation (Anlage K 11, Seite 194) zu dem Ergebnis, dass man „insgesamt … bei der Wertung der einschlägigen Literatur davon ausgehen (kann), dass Permanentmagnete keine biologisch relevanten, medizinisch nutzbaren Wirkungen besitzen“.

K kommt in seinem Gutachten (Anlage zu Anlage K 11) zu dem Ergebnis, dass die Behandlung mit gepulsten Magnetfeldern bei Schmerzzuständen nicht zu eindeutigen, nach wissenschaftlichen Maßstäben mit hinreichender Sicherheit erwiesenen Effekten führt (Seite 41-43). Es muss davon ausgegangen werden, dass dieses Ergebnis bei einem ein gepulstes Magnetfeld nicht erzeugenden Wechselmagneten der hier streitigen Art erst recht gilt.

Die von der Beklagten vorgelegten Berichte und Artikel können eine ausreichende wissenschaftliche Absicherung der von der Beklagten behaupteten Wirkungen auf Schmerzzustände nicht mit hinreichender Sicherheit belegen. Der Senat schließt sich insoweit der Beurteilung durch das Landgericht an. Gegenüber der von der Beklagten an dieser Beurteilung geübten Kritik hat der Kläger unbestritten zutreffend darauf hingewiesen, dass eine hinreichende Absicherung der Wirksamkeit eines Produkts nur durch eine randomisierte, placebo- oder verumkontrollierte Doppelblindstudie an ca. 1000 Patienten erreicht werden kann, wobei bei einer placebokontrollierten Studie eventuell auch eine geringere Patientenzahl ausreichen kann. Diesen Anforderungen genügen die von der Beklagten vorgelegten Studien bei weitem nicht (Anlage B 5: 50 Patienten; Anlage B 6: 20 Patienten; Anlagen B 4 und B 24: 23 bzw. 44 Patienten).

Bei der zuletzt genannten Studie, die sich auf das Produkt der Beklagten bezieht, ist nicht ersichtlich, wie sie finanziert wurde. Eine Beeinflussung des Ergebnisses durch „Sponsoring“ ist daher nicht auszuschließen. Zutreffend hat das Landgericht bezüglich der übrigen von der Beklagten vorgelegten Unterlagen darauf hingewiesen, dass diese ohne eigenen wissenschaftlichen Aussagewert sind, da sie sich ausnahmslos auf Studien Dritter beziehen, die damit nicht bewertet werden können. Dies gilt insbesondere auch für den aus wenigen Seiten bestehenden Auszug aus dem Buch von Z (Anlage B 25).

c) Hinsichtlich der mit den ursprünglichen Anträgen lit c) und d) angegriffenen Aussagen kommt ein Weiteres hinzu.
Die erwähnten Aussagen beziehen sich inhaltlich auf den in der Gebrauchsinformation vorangehenden, mit „Wirkungsweise und Eigenschaften“ überschriebenen und im Tenor dieses Urteils in Bezug genommenen Absatz. Für die in diesem Absatz beschriebene Wirkungsweise fehlt auch in den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen jeglicher Hinweis auf eine irgendwie geartete hinreichend abgesicherte Grundlage. Die Beklagte geht selbst (Schriftsatz vom 16.05.2002, Seite 3, Abs. 3) davon aus, dass die Wirkung der Magnettherapie zwar durch Studien belegt ist, dass aber „der dahinter steckende Mechanismus noch geklärt werden“ muss. Auch nach dem eigenen Verständnis der Beklagten ist daher die Beschreibung der „Wirkungsweise und Eigenschaften“ nicht hinreichend gesichert, wenn nicht völlig ungeklärt. Damit sind aber auch die auf die beschriebene Wirkungsweise gestützten Wirkungsbehauptungen selbst – Lösung von Muskelverspannungen, günstige Beeinflussung von Funktionen im Einzugsbereich der Kraftfelder und von Befindlichkeitsstörungen – ohne ausreichende Grundlage.

Gleiches gilt auch für die unter lit a) und b) der Anträge des Klägers angegriffenen Aussagen, für die damit ein ausreichend gesicherter Wirkungszusammenhang ebenfalls nicht ersichtlich ist.

4. Aus den vorstehenden Überlegungen ergibt sich, dass zugleich ein Verstoß gegen § 3 Nr. 1 HWG vorliegt. Nach dieser ebenfalls durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Medizinproduktegesetzes geänderten Vorschrift ist eine irreführende Werbung unzulässig, wobei eine Irreführung insbesondere dann vorliegt, wenn Medizinprodukten eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben. Dabei genügt es, dass die dem Produkt beigelegte Wirkung nicht hinreichend gesichert ist (Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Auflage, § 3 Rdnr. 71).

Diese Voraussetzungen sind erfüllt; auf die vorstehenden Ausführungen kann verwiesen werden. Das landgerichtliche Urteil ist daher nach Maßgabe des Tenors des vorliegenden Urteils hinsichtlich der konkreten Verletzungsform zu bestätigen; insoweit erweist sich die Berufung der Beklagten als unbegründet. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92, 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs.